Venlafaxin gehört zu den am häufigsten verschriebenen Antidepressiva genauso wie Escitalopram. Viele Menschen nehmen es wegen Depressionen, Angststörungen oder Panikattacken ein – oft über Monate oder sogar Jahre. Während manche sehr gut davon profitieren, berichten andere über teils unangenehme oder belastende Nebenwirkungen.
In diesem Beitrag möchte ich ehrlich, ausführlich und verständlich auf die möglichen Nebenwirkungen von Venlafaxin eingehen – ohne Panik zu machen, aber auch ohne etwas zu beschönigen.
Hinweis:
Dieser Blogbeitrag ersetzt keine medizinische Beratung. Wenn du Venlafaxin einnimmst oder überlegst, es beispielsweise wegen Nebenwirkungen abzusetzen, sprich unbedingt mit einer Fachperson.
Venlafaxin ist ein sogenannter SNRI (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer). Vereinfacht gesagt sorgt es dafür, dass die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn länger aktiv bleiben. Diese spielen eine wichtige Rolle für Stimmung, Antrieb, Angstregulation und Stressverarbeitung.
Das Ziel: depressive Symptome lindern, innere Unruhe dämpfen und emotionale Stabilität fördern.
Der Preis dafür können – wie bei fast allen Psychopharmaka – Nebenwirkungen sein.
Viele Nebenwirkungen treten vor allem in den ersten Wochen der Einnahme auf. Der Körper muss sich erst an die veränderte Neurochemie gewöhnen. Manche Symptome verschwinden mit der Zeit, andere bleiben bestehen.
Sehr häufig berichten Betroffene über:
Übelkeit, besonders morgens oder nach der Einnahme
Magen-Darm-Probleme wie Durchfall oder Verstopfung
Kopfschmerzen
Schwindel, Benommenheit
starkes Schwitzen, auch nachts
Mundtrockenheit
Zittern oder ein inneres Vibrieren
Müdigkeit oder im Gegenteil Schlaflosigkeit
Diese Beschwerden können im Alltag sehr störend sein, werden aber von Ärzt:innen oft als „Anpassungsreaktion“ bezeichnet.
Venlafaxin kann den Schlaf deutlich beeinflussen. Manche Menschen schlafen schlechter ein oder wachen häufiger auf. Andere berichten von:
extrem intensiven oder realistischen Träumen
Albträumen
einem Gefühl, nie wirklich „erholt“ aufzuwachen
Gerade diese Veränderung wird oft als psychisch belastend empfunden, weil sie die Erholung zusätzlich erschwert.
Nicht alle Nebenwirkungen sind körperlich. Einige betreffen direkt das emotionale Erleben:
innere Unruhe oder Nervosität
Gefühl von „Getrieben-Sein“
Reizbarkeit
emotionale Abstumpfung („Ich fühle weniger – in alle Richtungen“)
Konzentrationsprobleme
Manche Betroffene beschreiben, dass negative Gefühle zwar abgeschwächt werden, positive aber gleich mit.
Eine der häufigsten und zugleich belastendsten Nebenwirkungen betrifft die Sexualfunktion. Dazu zählen:
verminderte Libido
verzögerter oder ausbleibender Orgasmus
Erektionsprobleme
allgemeines Desinteresse an Sexualität
Viele sprechen dieses Thema nicht an – aus Scham oder weil sie denken, „das müsse man halt in Kauf nehmen“. Dabei kann es die Lebensqualität erheblich beeinflussen.
Venlafaxin kann den Blutdruck erhöhen, vor allem bei höheren Dosierungen. Auch Herzklopfen oder ein beschleunigter Puls werden berichtet. Deshalb empfehlen viele Ärzt:innen regelmäßige Blutdruckkontrollen, insbesondere bei längerer Einnahme.
Gerade in den ersten Wochen kann es – vor allem bei jüngeren Menschen – zu einer Verschlechterung der Gedankenlage kommen, inklusive suizidaler Gedanken. Das bedeutet nicht, dass Venlafaxin „gefährlich“ ist, aber es zeigt, wie wichtig enge ärztliche Begleitung in dieser Phase ist.
Sehr selten, aber potenziell gefährlich: eine Überstimulation des Serotoninsystems. Symptome können sein:
starke Unruhe oder Verwirrtheit
Fieber, starkes Schwitzen
Zittern, Muskelsteifheit
schneller Puls
Hier gilt: sofort medizinische Hilfe.
Venlafaxin ist bekannt dafür, beim Absetzen starke Entzugssymptome auszulösen, besonders wenn es zu schnell reduziert wird:
Schwindel
„elektrische“ Empfindungen im Kopf
Übelkeit
Angst, Reizbarkeit
Schlafstörungen
Viele Betroffene unterschätzen diesen Punkt. Wichtig ist: niemals abrupt absetzen, sondern langsam und begleitet ausschleichen.
Nicht jede Person erlebt Nebenwirkungen gleich. Faktoren wie:
Dosierung
Einnahmedauer
individuelle Gehirnchemie
andere Medikamente
körperliche und psychische Vorerkrankungen
spielen eine große Rolle. Während Venlafaxin für manche ein echter Lebensretter ist, empfinden andere es als kaum erträglich.
Venlafaxin kann helfen – aber es ist kein „harmloses Glückspflaster“. Die Nebenwirkungen sind real, teilweise belastend und sollten ernst genommen werden.
Wichtig ist:
gut informiert zu sein
offen mit Ärzt:innen über Nebenwirkungen zu sprechen
Veränderungen ernst zu nehmen
sich nicht schuldig zu fühlen, wenn ein Medikament nicht passt
Psychische Gesundheit ist individuell – und genauso individuell sollte auch die Behandlung sein.
Hinweis:
Dieser Blogbeitrag ersetzt keine medizinische Beratung. Wenn du Venlafaxin einnimmst oder überlegst, es beispielsweise wegen Nebenwirkungen abzusetzen, sprich unbedingt mit einer Fachperson.