Viele Menschen, die unsicher sind, bekommen den Tipp, dass sie doch einfach mal selbstbewusster sein/auftreten sollen. Doch was bedeutet es eigentlich wirklich, selbstbewusst zu sein, wie äußert es sich tatsächlich und wie kann man es schaffen, selbstbewusster zu werden?
Das Wort "selbstbewusst" besteht aus genau 2 Begriffen: Selbst und Bewusst. Wer also selbstbewusst werden will, kann sich ruhig an diese zwei deutschen Worte klammern. Es geht also darum, bewusster über das eigene Selbst zu sein, sich selbst mehr zu spüren und eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln und danach zu leben.
Beim "selbstbewusst werden" geht es nicht darum, selbstischerer aufzutreten und in seinem Leben Ergebnisse zu bringen. Selbstbewusst bedeutet einfach nur, sich im klaren über seine eigenen Gedanken, Gefühle (auch in Bezug auf seinen Körper), Absichten, Werte, Stärken, Talente und so weiter zu sein... aber auch die eigenen Schatten-Seiten zu erkennen und zu akzeptieren.
Menschen mit einem mangelndem Selbstbewusstsein sind demnach Menschen, die sich damit schwer tun, eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln. Sie wissen nicht so wirklich, wer sie selbst sind, was sie eigentlich wollen und was sie ausmacht. Dies führt langfristig zu einer Reihe von Problemen in allen Bereichen des Lebens. Wenn man zum Beispiel nicht weiß, was man beruflich wirklich will, kann es passieren, dass man einer Tätigkeit nachgehen, die langfristig unglücklich oder sogar depressiv macht. Oft bemerken wir das aber mit einem mangelndem Selbstbewusstsein viel zu spät. Oder auch in Partnerschaften: Wenn wir nicht wissen, was uns in einer Partnerschaft wichtig ist und es uns selbst auch nicht wert sind, ziehen wir automatisch Partner in unser Leben, die nicht zu uns passen... und merken das oft auch viel zu spät.
Nun ist es aber so, dass es viele Menschen einfach nicht schaffen, sich selbst zu erlauben, selbstbewusst zu leben. Wo ist das Problem? Das Selbstbewusstsein ist ein Teil des Selbstwertgefühls. Das Selbstwertgefühl besteht neben dem Selbstbewusstsein unter anderem auch noch aus der Selbstverantwortung, Ziele im Leben haben, Selbstakzeptanz und der Selbstliebe.
Wie sich mangelndes Selbstbewusstsein äußert, erkläre ich hier genauer.
In der Regel müssen wir uns zunächst annehmen und lieben, wie wir derzeit sind, um nachhaltig erkennen zu können, was wir wollen und uns dann auch ändern zu können. Erst wenn wir erkennen und akzeptieren, wie/was wir derzeit fühlen und anerkennen, dass dies unser Leben erschafft, können wir es auch ändern. Die meisten Psychotherapeuten sind sich einig, dass nichts so sehr zum Selbstwertgefühl, also Selbstbewusstsein beiträgt, wie die Bewusstmachung und Annahme von abgelehnten Teilen des Selbst. Dazu könnte beispielsweise der Körper oder die Stimme oder was auch immer gehören, das uns Selbstbewusstsein raubt. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass wir nicht viel Geld besitzen (und neidisch auf andere sind) oder in einem Job gefangen sind, der uns nicht gefällt. Oder es sind Gefühle, die wir in gewissen Situationen verspüren. Zuerst kommt die Annahme des Jetzt - und dazu könnte auch der Widerstand gehören.
Oft hört man den Spruch: "Seiduselbst", doch was bedeutet das eigentlich? Wie kann ich mehr ich selbst sein? In den meisten Religionen (vor allem im Buddhismus) wird an vielen Stellen zum Ausdruck gebracht, dass die meisten Menschen schlafwandlerisch durch ihr Leben gehen. Sie wissen nicht wirklich, wer sie sind, was sie tun, warum sie es tun und machen es einfach, weil es jeder tut. Das benötigen wir aber dringend um selbstbewusster sein zu können. Wir müssen uns dazu entscheiden, unseren Werten, Stärken, Bedürfnissen, Handlungen und Träumen mehr Bewusstsein zu schenken und unserer Umgebung natürlich dann auch - denn nur durch unsere Umgebung können wir diese Dinge, die wir in uns entdecken, verwirklichen. Weiterhin müssen wir diese ganzen Sachen auch hinterfragen und nicht einfach so als "normal" oder "es ist nun einmal so" hinnehmen. Wir schalten den Verstand ein und wägen auch ab, was für uns richtig ist und was nicht, was für die Gesellschaft moralisch richtig ist, und was nicht. Zudem erleben wir uns selbst auch als bewussten Beobachter unserer Gedanken und Gefühle und erkennen, wann wir uns in irgendeinem Bereich selbst im Weg stehen und uns selbst belügen.
Viele Psychologen sprechen davon, dass wir ein Bauchgefühl haben, einen Verstand und das Zusammenspiel daraus, was das Herz ist. Bauchgefühle können im Widerstand stehen. Wenn wir zum Beispiel einen trainierten Körper wollen, kann das ein Bauchgefühl sein. (manchmal ist es auch nur eine Ego-Sache). Das Verlangen nach einer Tafel Schokolade am Abend kann aber auch ein Bauchgefühl sein. Nun kann der Verstand dazwischen kommen und sich dafür entscheiden, keine Schokolade mehr zu essen. Das Herz (Bauchgefühl und Verstand) können nun eine Lösung finden, wie man dieses Problem bestmöglich lösen kann - vielleicht auch mit einer Veränderung der eigenen Gewohnheiten oder Gefühle.
Damit sind wir auch direkt beim nächsten Punkt. Wenn wir mehr wir selbst werden wollen, müssen wir uns mehr über unsere Gedanken aber vor allem unsere Gefühle bewusst werden. Normalerweise ist es unmöglich, alle Gedanken zu beobachten aber unsere Gefühle geben uns sehr gut Auskunft darüber, was wir gerade denken. Wenn wir uns zum Beispiel nicht attraktiv finden, dann fühlen wir das für gewöhnlich. Wenn wir uns für etwas interessieren, fühlen wir das einfach. Doch viele Menschen haben einen schlechten Zugang zu ihren Gefühlen und wissen nicht, was sie wirklich wollen. Das sollten wir durch Aktsamkeitsübungen, Entspannungsübungen und Selbstbeobachtung verändern - um mehr zu uns selbst zu finden.
Kommen wir nun zu den Werten und Stärken, die auch ein wesentlicher Bestandteil des Selbstbewusstseins sind. Stärken sind Talentleitmotive, also Begabungen, die uns von Natur aus gegeben wurden. Dazu zählen zum Beispiel Empathie, Fokus und analytisches Denken. Diese Leitmotive bestimmen, in welchen Bereichen wir extreme Stärken haben und schnell Talente entwickeln können, wie zum Beispiel in der Musik, Psychologie oder in irgendwelchen anderen Bereichen. Wer zum Beispiel die Stärken "Selbstbewusstsein" und "Vorstellungskraft" besitzt, wird es relativ einfach haben, ein Musikinstrument zu spielen oder vielleicht irgendwelche Marketing-Strategien entwickeln. Das muss man für sich selbst raus finden. Die Schwächen sollte man ebenfalls erkennen aber akzeptieren und nicht weiter stärken. Wichtig ist, dass man etwas aus seinen eigenen Stärken macht.
Werte sind meiner Meinung nach, genauso wichtig, wie Stärken. Das sind nämlich Gefühlszustände die man gerne erleben will, wie zum Beispiel: "Freiheit" oder "bedeutsam für andere Menschen zu sein" oder "Sinn im Leben" oder auch "Familie" oder "Persönliches Wachstum". Hier ist es wichtig, seine 5 wichtigsten Werte zu finden und diese in Verbindung mit seinen Stärken und Wünschen im Leben zu verwirklichen. Manche Menschen besitzen den Wert "Freiheit". In diesem Fall kann es sein, dass sie beruflich mehr Freiheit haben wollen. Hier bietet es sich zum Beispiel an, auf eine Tätigkeit hinzuarbeiten, mit der man diese Werte leben kann - ansonsten kann es passieren, dass uns der Sinn des Lebens fehlt. Genauso sieht es auch mit anderen Werten, wie "Bedeutsamkeit" aus.
Zu guter letzt würde ich noch das Finden der eigenen Ziele und Wünsche zum Selbstbewusstsein stärken aufführen. Auch hier haben die meisten Menschen sehr große Probleme, weil sie oft fremde Werte übernehmen und nicht lange genug in sich hinein hören, was sie wirklich vom Leben wollen. Zudem fehlt es vielen an Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, neue Dinge zu probieren, die vorher noch (fast) niemand in der Familie durchgeführt hat.
Doch wie kann man seine Wünsche finden, aus denen man dann Ziele formuliert? Zuerst sollte man sich selbst, seinen Körper und sein Leben wirklich spüren und aus einer Vogelperspektive betrachten. Dann sollte man sich 10 Minuten Zeit nehmen und durcheinander alle Ziele und Träume aufschreiben, die man hat und die auch mit den Stärken und Werten vereinbar sind. Das sollten Wünsche sein, die man irgendwann mal erreicht haben will, wenn alles möglich wäre. Über die Liste kann man dann auch über Wochen und Monate nachdenken und wieder was rausstreichen oder hinzufügen ... und wenn man sich sicher ist, dass sie gut ist, kann man daraus 4-6 Ziele basteln mit der SMART Methode. Diese Ziele sollten, positiv, spezifisch, genau, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein. Aus diesem Grund bietet es sich an, Hauptziele zu setzen und diese dann in Unterziele aufzuteilen. Nun kann man eine Vielzahl von Dingen unternehmen, diese Ziele zu verinnerlichen, damit die Wahrnehmung und Handlungen auch langfristig in diese Richtung arbeiten. Dazu sollte man sich dann natürlich auch entscheiden.
Wir Menschen nehmen pro Sekunde sehr viele (wahrscheinlich Millionen) Eindrücke wahr, die wir verarbeiten. Nur sehr wenige davon nehmen wir bewusst wahr. Das, was wir bewusst wahr nehmen ist ganz klar das, was mit unseren Gefühlen und unbewussten Gedanken, darunter Glaubenssätzen aus der Kindheit, in Einklang steht. Das bedeutet, dass wir, sobald wir unsere Wünsche, Werte und Stärken usw. gefunden haben, wahrscheinlich keinerlei Möglichkeiten erkennen können, diese auch zu leben. Das geht so lange weiter, bis wir unsere Wahrnehmung entscheidend verändern, indem wir unser unser Unbewusstes verändern. Das bedarf Methoden, wie man das tun kann, wie zum Beispiel Affirmationen oder Hypnose und dauert seine Zeit. Einige Wochen, Monate, bis Jahre. Aber nicht nur die Wahrnehmung ist entscheidend, sondern auch die Fähigkeit, sich gegen die Meinung und Werte anderer Menschen durchzusetzen und seinen Weg zu gehen. Dies würde ich zu den Handlungen zählen, die auch meistens auch die Veränderung des Unbewussten erfordern.
Das war nur ein kleiner Ausschnitt davon, was Selbstbewusst wirklich bedeutet. Gerade Menschen mit einem schwachen Selbstbewusstsein glauben fälschlicherweise, dass man selbstbewusst und glücklich wird, wenn man ein großes Auto fährt, viele Freunde hat, Anerkennung/Ansehen genießt oder sehr erfolgreich ist. Dies ist aber nicht nicht der Fall, weil das Selbstbewusstsein die Ursache dafür ist und nicht die Wirkung. Wir müssen erst selbstbewusster werden, bevor wir erkennen können, was wir wollen und wie wir unsere Ziele, auch wenn sie doch ziemlich groß sein sollten, erreichen können. Bevor dies geschieht müssen wir unsere jetzige Situation, unseren Körper unseren Kontostand und alles andere, was wir gerne verändern wollen, annehmen und niemals leugnen. Dies ist die einzige Möglichkeit, zu erkennen, wer man ist, was man will und wie man seine eigenen Gedanken und Gefühle und somit auch seine Wahrnehmung und Verhalten so ändern kann, dass man das, was man will, auch bekommen und halten kann.